Ines Mulder-Teichmann ist Co-Gründerin und Geschäftsführerin von D-Champs, um die Digital Kompetenzen und Wissen in Deutschland insbesondere bei Kindern und Schülern durch effektive Trainings zu fördern. Zuvor sammelte sie über 20 Jahre Berufserfahrung im IT-Vertrieb bei Fujitsu und Dell Technologies, sowie in ihrer eigenen Unternehmensberatung.
Im Interview mit Workpath spricht Ines Mulder-Teichmann über die Förderung von digitaler Bildung und welche konkreten Ziele und Ergebnisse die Politik formulieren sollten, um ihre Bildungsziele zu erreichen.
Hallo Frau Mulder-Teichmann , laut der WELT steht die Digitale Bildung auf dem dritten Platz der Digitalen Top-Themen von Angela Merkel, dennoch hat sich hier in den letzten Jahren nur wenig getan. Woran glauben sie liegt das? Gegen welche Herausforderung muss die Bundesregierung hier arbeiten?
Das liegt aus meiner Sicht an der Priorisierung des Themas Digitalisierung. In den letzten Jahrzehnten hat Deutschland,sich zu wenige Gedanken zur Umsetzung von neuen, agilen und vor allem digitalen Themen gemacht. Dies gilt sowohl auf personeller als auch auf organisationaler Ebene der öffentlichen Verwaltungen und der Wirtschaft.
Mittlerweile befinden wir uns in Deutschland nicht mehr an dem Punkt, wo wir uns fragen was Digitalisierung in Zukunft bedeutet, sondern wir sind mittendrin in einem digitalen Zeitalter, in dem es bereits KI , Robotics, Automatisierung, Deep Learning etc. gibt. Vielen Menschen macht dieses Thema Angst, da vielen der große Nutzen und die Chancen, die sich aus der Digitalisierung ergeben nicht transparent sind. Seitens der Bundesregierung wird nicht genug für diese Transparenz getan.
Zudem haben wir nach wie vor in Deutschland kein flächendeckendes Netz, insbesondere in ländlichen Gebieten. Von Glasfaser spreche ich dabei nicht einmal. Eine adäquate Netzverbindung gehört klar zur Grundversorgung, analog zu Wasser und Strom.
Deutschland benötigt mehr sachliche Aufklärung und klare Zuständigkeiten seitens der Bundesregierung, bei denen Experten in der Umsetzung einer deutschen Digitalstrategie unterstützen und dieses in die föderalen Strukturen der Länder kommunizieren.
Warum halten Sie Integration von digitalen Kompetenzen in das Schulcurriculum als wichtiges Instrument für Förderung von Kindern und für die Digitalisierung von Deutschlands? Was muss eine neue Bundesregierung anders machen, um hier erfolgreich zu sein?
Zunächst sehe ich das große Ganze. Wenn wir eine der wichtigsten Industrienationen bleiben wollen, kann das ohne einen Schwerpunkt in der Digitalisierung nicht gelingen. Firmen in Deutschland, die sich im Chip, Hard- oder Software Bereich engagieren müssen unterstützt werden. Zudem müssen wir den Standort Deutschland für Firmen auch aus dem Ausland interessant machen und eine Startup Kultur fordern und fördern.
Ein weiterer Punkt ist, dass Kinder und Jugendliche einiges in der Pandemie Situation durch z.B. den Distanzunterricht gelernt haben. Sie haben sich mit Hard - und Software auseinander setzen müssen, diese Basiskenntnisse waren in der Form bei der Masse nicht vorhanden. Schaut man auf sozial benachteiligte Familien, ist das Pandemie Konstrukt „Schule“ bereits an der Hardware gescheitert. Die Basis Kenntnisse von Software konnten auch die Eltern ihren Kindern nicht vermitteln, sodass diese ganz klar Verlierer der Pandemie sind.
Letztlich stellt sich die Frage, wie Deutschland eines der größten Volkswirtschaften bleiben soll, wenn wir die nachfolgenden Generationen als Digital Natives bezeichnen, aber das digitale Basiswissen sich auf Smartphoneaktivitäten beschränkt? Wir benötigen Menschen, die neue Strukturen, agiles Arbeiten, eine Problemlösekompetenz besitzen und mit Hard- und Software umgehen, sowie programmieren können. Zudem benötigen wir auch dringend viel mehr Experten, die in der Lage sind, eine Digitalen Welt anzutreiben und entwickeln zu können und somit einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit leisten.
Welche weiteren Instrumente können Deutschland hier helfen, Ziele, wie bspw. die Registrierung von 80% der deutschen Schüler*innen bei einer bundesweiten Lernplattform, zu erreichen?
Vorbilder, auch junge Vorbilder, sogenannte Role Models, die den Mehrwert von Lernplattformen bewerben und aufzeigen.
Der Blick über den Tellerrand in Richtung anderer Länder, insbesondere der Skandinavischen Länder könnte helfen. Dänemark ist uns z.B. 20 Jahre voraus, in der Umsetzung von einem landesweiten Netzausbau, einer Hardware Ausstattung und dem Umgang mit diesem.
Welche Ziele muss sich die neue Regierung Ihrer Meinung nach setzen, um hier schnell voranzukommen?
Ein Digitalministerium, mit einer klaren Digitalstrategie und einem Zeitplan zur Umsetzung mit messbaren Ergebnissen und unabhängig von Legislaturperioden.
Eine Lernplattform, die über das Bereitstellen von Lernmaterialien hinaus geht. Diese Plattform sollte bestenfalls eine Regelung des Informationsflusses, eine Vereinfachung des Lernens und die Übernahme zahlreicher Verwaltungsaufgaben übernehmen.
Mut und Pragmatismus in der Umsetzung, eine Anpassung der DSGVO, gute Cyber- und Security Maßnahmen und eine Zusammenarbeit zwischen Politik, Wissenschaft und Unternehmen.
Gibt es konkrete Metriken auf die wir schauen sollten, die uns helfen können zu verstehen, wie gut wir vorankommen?
Die Infrastruktur an den Schulen, der deutschlandweite Netzausbau, die Aus- und Weiterbildung von LehrerInnen, sowie die Anzahl an StudenInnen in MINT Berufen.
Wir sprechen z.B. seit 2019 vom Bildungspakt, den die Bundesregierung mit einem guten Ansinnen auf den Weg gebracht hat. Seit der Pandemie 2020 wurde dieser aufgestockt auf insgesamt 6,5 Mrd. €. Aus diesem Bildungspakt kann sich jede Schule in den 16 Bundesländern bedienen, um schnelles Internet, Hardware, wie auch Whiteboards anzuschaffen. Abgerufen sind jedoch gerade einmal ca. 14% bundesweit. Das Feedback der Schulen ist, dass die Anträge aufgrund von fehlendem Hardware Know- How kaum genutzt werden und in den Schulen die Priorisierung dann schnell anderen Bereichen zugutekommt.
Unterstützung könnte beispielsweise aus IT Unternehmen kommen, die technischen Support oder ehrenamtliche Tätigkeiten für einzelne Schulen zur Verfügung stellen.
Welchen Rat würden Sie der neue Regierung als Experte geben?
Wir benötigen in Deutschland eine Reform zur Ausbildung der LehrerInnen auf ihre Laufbahn. Das Studium muss mit digitalen Lerneinheiten, Lernplattformen und fächerübergreifend stattfinden, damit die Kinder auf die aktuellen, agilen und digitalen Herausforderungen vorbereitet sind. Unser Schulsystem ist überholt. LehrerInnen benötigen zudem regelmäßige Trainings, Fort- und Weiterbildungen.
Zudem würde es helfen, wenn nicht nur eine Hardwareanschaffung durch einen Bildungspakt unterstützt wird, sondern die Kinder auch mit der Hard- und Software umgehen können. Heißt, dass es die Möglichkeit von Trainings dafür gibt und dieses spielerisch in den Unterricht eingegliedert wird.